LIBANON – “Al Hayat”: Entscheidung über Ernennung neuen Sicherheitschefs für Flughafen auf Eis gelegt

“Al Hayat”: Das Kabinett hat die Entscheidung über die Ernennung eines neuen Sicherheitschefs für den Flughafen auf Eis gelegt.

Innen- und Außenminister (beide Christen) hatten das Dekret schon unterschrieben und zur Ratifizierung an das neue Kabinett gegeben. Der neue Sicherheitschefs des Flughafens sollte Christ sein und einen Schiiten ersetzen, wofür Hisbollah-Verbündeter Michel Aoun (maronitischer Christ/FPM) augenscheinlich auf die Besetzung der General Security Führung mit einem Christen verzichtete.

Laut Al-Hayat ist die Entscheidung nun vertagt worden, nachdem verschiedene Minister vor der Kabinettsabstimmung mit ihren politischen Patronen im Ausland telefoniert hatten.

Demnach hat es den Anschein, dass Amal und Hisbollah den Posten des Flughafensicherheitschefs nicht aus der Hand ihrer Religion (Schiiten) geben wollen.

Einordnung: Zentrale Personalposten an Flughäfen haben in jedem Land große Bedeutung. Flughäfen sind in der modernen Zeit Umschlagplatz jeglicher Art von Waren und Drehkreuz für Menschenströme.

Der Libanon ist ein Land, in dem die Loyalität zur eigenen Religion eine große Rolle spielt. Diese Rolle wächst sich in Krisenzeiten oft zu bedingungslosem Gehorsam aus, weil Religion nach Familie und Dorf oder Stadtteil die nächste Schutz gewährende Bastion ist.

Diese im Libanon nicht exklusiv, jedoch häufig anzutreffende Einstellung resultiert aus den Erfahrungen des Bürgerkrieges, der zwar kein religiöser Krieg an sich war, in dem jedoch Religionen zu politischen Zwecken missbraucht wurden, um Massen zu mobilisieren und die eigenen Reihen zu schließen.

Hisbollah ist eine fast rein schiitische Organisation und sie hat derzeit das Sagen im Libanon. Gleichwohl gerät sie seit dem Krieg 2006 mit Israel und der Übernahme West-Beiruts im Mai 2008 innenpolitisch zusehens unter Druck. Und das nicht nur bei den Vertretern anderer Religionen. In Teilen der eigenen Anhängerschaft rumort es ebenfalls, auch wegen der ungewohnt wenig überzeugenden Verteidigungsversuche ihres Generalsekretärs Hassan Nasrallah im Falle des Sondertribunals für Libanon und der nahezu uneingeschränkten Unterstützung für die Regierung Bashar al-Assads.

Mit der unsicheren Zukunft der syrischen Regierung unter al-Assad im Nacken, wird die Situation für Hisbollah zusehens schwieriger. Hisbollah hat sich — nach allem, was kolportiert wird — über den Landweg von Syrien aus seit 2006 schwer bewaffnet. Das UN-Embargo zur See hatte quasi keinen Effekt.

Sollte die Lage in Syrien sich mehr und mehr gegen die Familie al-
Assad neigen und letztendlich zu ihrem Abtritt führen, wäre Hisbollah höchst wahrscheinlich von weiterem Nachschub abgeschnitten und über kurz oder lang weder in Lage, die Macht im Libanon zu erhalten noch sich über längere Zeit gegen Israel zur wehr zu setzen; ohne Nachschub kann man keine ausgedehnten Kriege führen.

Den Flughafen unter Kontrolle zu halten, ist damit für Hisbollah von überlebenswichtiger Bedeutung. Ein Flughafenchef bringt in Ländern wie dem Libanon auch einen ihm ergebenen Stab mit, der wiederum die gesamte Befehlskette hinunter mit loyalen Beamten an Schlüsselpositionen besetzt.

Auf diese Weise lässt sich für Hisbollah (und natürlich auch für andere Parteien, die diesen Posten gern hätten) ungehindert Nachschub von Waffen und Ausrüstung organisieren und das unerkannte Abfliegen und Ankommen von Personen, die politisch oder militärisch sensible Position bekleiden. Ebenso wird jedermann registriert, der ein- oder ausreist, was einen quasi unerschöpflichen Pool an Informationen schafft, der zur Überwachung von Personen genutzt werden kann oder zur Abwehr von Gefahren (s.a. Dubai Hit ).

In der momentanen politischen Konstellation hätte ein Christ aus dem Team von Michel Aoun durchaus für den Posten nominiert werden können, das schien auch Michel Aouns Plan gewesen zu sein; er steht im politischen Bündnis mit Hisbollah. Dieser Pakt scheint Hisbollah und Amal — oder ihren politischen Verbündeten im Ausland — jedoch nicht fest und sicher genug zu sein. Das ist durchaus verständlich, denn Aouns Anhängerschaft beäugt Hisbollah nach wie vor äußerst skeptisch. Die Verbindung zwischen Aouns Free Patriotic Movement (FPM) und Hisbollah ist ein Zweckbündnis, dem so gut wie keine Verbandelung zwischen den jeweiligen Anhängerschaften gefolgt ist.

Auslöser der Gewalt im Mai 2008 war unter anderem die Absicht des damaligen Kabinetts von Premierminister Fouad Siniora, den Hisbollah getreuen Flughafenchef Brigadegeneral Wafiq Shoqeir abzulösen. Unter dessen Augen hatte Hisbollah laut Medienberichten — und von Walid Jumblatt auf die Fährte gebracht, damals in Opposition zu Hisbollah und derzeit erneut auf halbem Weg fort von ihr — in der Nähe des Flughafens Überwachungskameras angebracht.

Eben jener General ist nach wie vor im Amt, wo ihn Hisbollah und Amal laut aktuellen Medienberichten auch halten wollen.