SYRIEN – Kommentar zu: “Al-Qaida und das Machtvakuum in Syriens Blutsumpf (WELT Online / Michael Stürmer)”

DISQUS Kommentar von uns zum Artikel “Al-Qaida und das Machtvakuum in Syriens Blutsumpf (WELT Online / Michael Stürmer)” – Unser Kommentar ist von der Redaktion der WELT nicht freigegeben worden.

Michael Stürmer: “Wie kann der Westen, ohne Assad zu retten, Syrien in einem Stück erhalten?”

Vermutlich gar nicht.

Angesichts dessen, was mit einem zerfallenden Syrien der gesamten Levante und übrigens Europa droht (Terrorismus), sind die steten Rufe nach Intervention und Waffenlieferungen nicht zu verstehen.

Man fragt sich wirklich, wer die Politiker, die dergleichen fordern, in dieser Hinsicht berät. Solche Rufe zeugen von völliger Unkenntnis der Geschichte und Kultur der Region und Mentalität der Menschen.

Dabei muss man noch nicht mal ein Experte sein, um das zu erkennen. Ein Blick auf den “Arabischen Frühling” reicht völlig aus: Chaos, Elend und nicht enden wollende Zerstörung allerorten.

Jeder, der sich mit dem Libanon auskennt, weiß um die Gräueltaten, die syrische Geheimdienste und Armee dort vor allem an Christen begangen haben. Im Bürgerkrieg von 1975-90 bis zum Abzug 2005 und teilweise danach.

Der Schaden, den sunnitische Extremisten jedoch der gesamten Levante zufügen werden, wenn der syrische Staat zerbricht, wird um ein vielfaches größer sein.

Jeder rational denkende Mensch kommt bei einer wie auch immer gearteten Abneigung gegen den syrischen Sicherheitsapparat und Präsident Assad nicht umher zu erkennen, dass eine Erhaltung des Staates Syrien in seiner jetzigen Form das weitaus geringere Übel ist im Vergleich zu einem failed state à la Somalia.

Wenn Syrien zerbricht, wird auch Irak erneut ins Chaos stürzen und der Libanon gleich mit. Jordanien wackelt ohnehin schon.

Vor so einer auf unabsehbare Zeit failed region bewahre der liebe Gott jedermann – vor allem Israel, das sich dieser Front auf Dauer nicht ohne weiteres erwehren können wird.

Das gilt besonders angesichts der Entwicklung, dass die USA sich aufgrund prognostizierter Energieunabhängig (Fracking), Budgetkürzungen im Sicherheitshaushalt und Neuausrichtung zum Pazifik in Richtung China langfristig aus der Region zurückzuziehen. Zumindest nach aktueller Lesart.

Unter einem anderen (republikanischen) Präsidenten mag sich diese Entwicklung umkehren. Vier Jahre jedoch sind eine lange Zeit.

Ein Kurswechsel dürfte bei der momentanen Geschwindigkeit der Entwicklungen in Nahost äußerst schwierig werden.